2025
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Whitepaper: Geschichte ist jetzt

Sehr viele Unternehmen unterstützen die Aussage: „Nie wieder ist jetzt!“

Sehr viele Unternehmen unterstützen die Aussage: „Nie wieder ist jetzt!“ und stehen damit für Demokratie, Menschenrechte, Meinungsvielfalt und Marktwirtschaft ein.

Leider zeichnen die aktuellen geopolitischen Entwicklungen, aber auch ein ständiger Zuwachs antidemokratischer Parteien in Europa ein anderes Bild. Die polnisch-amerikanische Historikerin, die mit dem Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels 2024 geehrt wurde, brachte es auf den Punkt: Liberale Demokratien sind mehr denn je durch ein wachsendes Netzwerk von autokratischen Regimen bedroht.

Es sind nicht nur Putin in Russland oder Xi Jinping in China, die eine neue Weltordnung auf der Basis autokratischer Strukturen und imperialistischer Forderungen anstreben. Es sind auch die zahlreichen Autokraten wie Erdogan in der Türkei, die Diktatoren auf dem afrikanischen oder dem südamerikanischen Kontinent, die zahlreiche demokratische Rechte erheblich beschnitten haben. Aber auch in den westlichen Demokratien gibt es Disruption. Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, seine schnell erlassenen Dekrete, die Begnadigung der Demokratieschänder, die das Kapitol stürmten, und vor allem seine imperialistischen Bestrebungen (Grönland, Panamakanal, Kanada) haben diese besorgniserregenden Entwicklungen verstärkt. Oder blicken wir nach Österreich, wo rechtsextreme Kräfte die Republik bedrohen. Alle diese Beispiele sind besorgniserregend. Aber auch bei uns in Deutschland gibt es „disruptive Kräfte“, die unsere Demokratie gefährden. Natürlich ist die Europäische Union gefragt, den Auflösungstendenzen freiheitlich-demokratischer Systeme entgegenzuwirken. Wir hier in Deutschland müssen uns ernsthaft und konkret mit den ­Bestrebungen autokratischer und antidemokratischer Kräfte auseinandersetzen. Es könnte sein, dass die Wahl am 23. Februar 2025 als die letzte freie Wahl in die Geschichte eingeht.

Dies scheint weit hergeholt. Doch unsere Studien zur Unternehmensgeschichte haben gezeigt, dass es sehr schnell gehen kann, ein autokratisches Regime zuzulassen.

In dieser geopolitischen Gemengelage arbeiten die europäischen und somit auch die deutschen Unternehmen, deren Grundstruktur auf freiheitlich marktwirtschaftlichen Prinzipien basiert. Sie sind mehr denn je gefragt, sich aktiv an der Verhinderung autokratischer Strukturen einzusetzen.

Wir, Jelena Mitsiadis und Manfred Pohl, mit unserem Institut „Pohl & Mitsiadis Unternehmensgeschichte GmbH. Institut für Unternehmensgeschichte und Unternehmenszukunft“ in Frankfurt am Main haben daher eine Initiative ins Leben gerufen, die auf der Basis der historischen Forschung und der hieraus gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen soll, wie in der Vergangenheit autokratische Entwicklungen entstanden sind und welche Folgen diese dann für die Mitarbeiter, die Kunden und alle betroffenen Menschen hatten. Die Unternehmen als zentraler Bestandteil der Gesellschaft haben unserer Meinung nach die Verantwortung und Verpflichtung und hiermit eine konkrete Möglichkeit, die gewonnenen historischen Erkenntnisse für die Gestaltung der Gegenwart und Zukunft in ihrem Unternehmen umzusetzen.

Jedem Unternehmer muss klar sein, dass gerade er einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leisten kann. In den Unternehmen arbeiten Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen und Meinungen zusammen. Produkte und Dienstleistungen werden Kunden weltweit angeboten und das Wertesystem des Unternehmens wird einer breiten Öffentlichkeit vermittelt. Unternehmen werden gehört und haben einen enormen Einfluss auf die Überzeugungen der Menschen. Gerade aus diesem Grund dürfen sie nicht mehr tatenlos zusehen, wie unsere freiheitlich demokratische Grundordnung durch totalitäre Tendenzen bedroht wird. Noch können in Deutschland demokratische Koalitionen und somit eine demokratisch gewählte Regierung gebildet werden. Aber die Geschichte lehrt uns, wie schnell sich totalitäre Strukturen durchsetzen können.

Das einschneidendste Beispiel liefert der rapide Aufstieg der Nationalsozialisten in Deutschland: Während die NSDAP bei den Reichstagswahlen in Deutschland 1928 noch keine Rolle spielte (2,6 % der Stimmen), hatte sie bereits 1930 als zweitstärkste Partei 18,3 % der Stimmen. In den beiden Reichstagswahlen 1932 und der Reichstagswahl im März 1933 wurde die NSDAP stärkste Partei (Juli 1932 37,3 %, November 1932 33,1 % und März 1933 43,9 %).

Innerhalb von nur vier Jahren gelangte die NSDAP an die Macht. Wenn damals zahlreiche Unternehmen glaubten, „die Nazis im Zaume halten“ zu können oder gar für ihre Ziele zu nutzen, sahen sie sich bald getäuscht. Die Auflösung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 und das Einsetzen der Unternehmen für die die eigenen Zwecke legten die wahren Ziele der NSDAP offen.

Die Legislaturperiode bis zu den nächsten Bundestagswahlen (2029) wird zeigen, ob nach einem oder zwei Jahren oder spätestens nach vier Jahren die demokratischen Parteien noch in der Lage sein werden, eine demokratische Regierung zu bilden. Diese Hoffnung besteht nur dann, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, dass diese Geschichte sich nicht wiederholt.

Es stellen sich folgende Fragen:

  • Dürfen Historiker historische Erkenntnisse nutzen, um der Politik und Wirtschaft Handlungsempfehlungen zu geben?
  • Dürfen Unternehmenshistoriker das Archivmaterial der Unternehmen nutzen, um den Mitarbeiter, den Kunden und der Öffentlichkeit zu verdeutlichen, wie wichtig marktwirtschaftliche Werte sind, um in Freiheit und Wohlstand zu leben?
  • Besitzt historische Kommunikation und historisches Marketing den gleichen Stellenwert in der Strategieplanung eines Unternehmens wie die ökonomische, juristische oder ökologische?

Die Antwort ist eindeutig JA!

Das widerspricht den gängigen historischen Lehrmeinungen. Wir aber sagen klar und deutlich: Die Ergebnisse der historischen Forschung sind ebenso wertvoll wie diejenigen anderer Disziplinen (z. B. ökonomische, juristische etc.) und können ebenso zielführend eingesetzt werden. Unternehmen können darüber hinaus von historischen Erkenntnissen im Markt gegenüber Mitbewerbern profitieren, wenn sie Wissenschaftler und Experten in Anspruch nehmen, die relevante historische Daten so aufbereiten, dass sie für die Strategien der Unternehmen eingesetzt werden können.

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Unternehmen lückenlos und wissenschaftlich in einer „Zukunftschronik®“ aufzuarbeiten und vor allem den Mitarbeitern, den Kunden und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Unternehmensgeschichte liefert zwar keine Patentrezepte, wie die westlichen Demokratien gerettet werden können, aber sie bietet das unschätzbare und zumeist nicht genutzte Instrumentarium, um Beispiele zu erarbeiten, wie die Mechanismen autoritärer Machtsysteme funktionieren und welche Konsequenzen sie haben. Autokraten regieren mit absoluter Macht, ohne Institutionen, die sie kontrollieren, ohne ein Rechtssystem als oberste Instanz, ohne Opposition, ohne Transparenz, ohne freie Presse. Alle diese Faktoren sind in der Geschichte eines jeden deutschen Unternehmens, das vor 1945 gegründet wurde, auf die eine oder andere Weise sichtbar.

Die Aufarbeitung und die Kenntnis der eigenen Geschichte, ihre Einordnung in die Allgemeingeschichte und ihre Umsetzung muss – so wie Disziplinen in anderen Bereichen – ein unverzichtbarer Bestandteil der Strategie eines Unternehmens werden. Ähnlich wie Unternehmen mit Beginn dieses Jahrhunderts erkannt haben, dass das Umweltbewusstsein (Klimaschutz, Artenschutz, nachhaltiges Wirtschaften etc.) ein zentraler Bestandteil der Strategie des Unternehmens werden muss, so sind die Erkenntnisse aus der Geschichte die neue und zukunftsrelevante Herausforderung, um unser freies marktwirtschaftlich orientiertes Wirtschaftssystem zu erhalten.

Die Initiative „Geschichte ist jetzt!“ umfasst vor allem drei Bereiche. Zwei große Bereiche zeigen in besonderer Weise, wie autoritäre Regime funktionieren:

  1. Unternehmen im Nationalsozialismus (1929 bis 1945)
  2. Unternehmen in der DDR (1945 bis 1990)

Der dritte Bereich zeigt die Geschichte der Bundesrepublik nach 1945. Er legt dar, wie ein freiheitlich marktwirtschaftliches System zu Erfolg und Wohlstand führte und dass es auch dort Krisen zu bewältigen gab.

Das vollständige Whitepaper „Geschichte ist jetzt“ finden Sie hier: